Die Aufarbeitung der Kapitol-Erstürmung ist noch lange nicht abgeschlossen

US-Capitol/Kongress - Bild: pamelasphotopoetry via Twenty20
US-Capitol/Kongress - Bild: pamelasphotopoetry via Twenty20

Die Erstürmung des US-Kapitols durch Anhänger des abgewählten Präsidenten Donald Trump am 6. Januar erschütterte die USA und sorgte weltweit für entsetzte Reaktionen. Ein Jahr nach der Attacke auf den Kongress der Vereinigten Staaten ist die Aufarbeitung noch lange nicht abgeschlossen. Ein Überblick über die Untersuchungen zu der Kapitol-Erstürmung und den Hintergründen:

Amtsenthebungsverfahren gegen Trump

Nur eine Woche nach der Kapitol-Erstürmung, am 13. Januar 2021, leitete das Repräsentantenhaus ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump wegen „Anstiftung zum Aufruhr“ ein. Die Abgeordneten warfen dem abgewählten, rechtspopulistischen Präsidenten unter anderem vor, seine Anhänger mit einer aufpeitschenden Rede am 6. Januar zur Gewalt angestiftet zu haben.

Der eigentliche Impeachment-Prozess im Senat begann erst im Februar und damit nach Trumps Ausscheiden aus dem Weißen Haus und nach dem Amtsantritt von Wahlsieger Joe Biden am 20. Januar. Bidens Demokraten wollten eine Verurteilung des Ex-Präsidenten auch deswegen erreichen, weil Trump dann in einem nächsten Schritt von künftigen öffentlichen Ämtern und damit einer neuen Präsidentschaftskandidatur 2024 hätte ausgeschlossen werden können.

Dazu kam es aber nicht: Zwar stimmte am 13. Februar eine klare Mehrheit von 57 zu 43 Senatoren für eine Verurteilung Trumps. Die für einen Schuldspruch notwendige Zweidrittelmehrheit wurde aber deutlich verfehlt, weil die meisten republikanischen Senatoren Trump die Treue hielten.

Parlamentarischer Untersuchungsausschuss

Im Sommer 2021 richtete das Repräsentantenhaus einen Untersuchungsausschuss ein, der die Hintergründe der Kapitol-Erstürmung aufklären soll. Dabei geht es unter anderem um die Frage, welche Rolle Trump und sein Umfeld bei der Attacke spielten. Das Gremium hat bereits hunderte Zeugen befragt und zehntausende Dokumente erhalten.

Mehrere Trump-Vertraute haben aber Vorladungen ignoriert. Auf Betreiben des Untersuchungsausschusses wurde im November der ultrarechte Stratege Steve Bannon, der eine Kooperation mit dem Gremium verweigert, wegen Missachtung des Kongresses angeklagt. Auch Trumps früherem Stabschef Mark Meadows droht eine solche Anklage.

Derzeit tobt außerdem ein Rechtsstreit über beim Nationalarchiv gelagerte Dokumente aus Trumps Zeit im Weißen Haus. Der Ex-Präsident hat gegen eine Herausgabe der Unterlagen an den Untersuchungsausschuss geklagt und ist bis vor den Supreme Court gezogen, wo eine Entscheidung noch aussteht.

Die Abgeordneten wollen unter anderem wissen, was Trump genau in den Stunden der Kapitol-Erstürmung tat. Dem damaligen Präsidenten war schon im Amtsenthebungsverfahren vorgeworfen worden, seine Anhänger inmitten der Gewalteskalation nicht öffentlich aufgerufen zu haben, ihren Angriff einzustellen. Der Untersuchungsausschuss könnte auch strafrechtliche Schritte gegen Trump empfehlen. Ein Zwischenbericht wird für kommenden Sommer erwartet.

Ermittlungen der Justiz

Die Bundespolizei FBI leitete nach der Kapitol-Erstürmung beispiellose Mammut-Ermittlungen gegen Angreifer vom 6. Januar ein. Bislang wurden schon mehr als 720 Menschen festgenommen und angeklagt, und die Zahl steigt nahezu täglich. Es gab auch schon dutzende Urteile. So wurde Mitte November der mit seiner Büffelhorn-Fellmütze und einem Speer als „QAnon-Schamane“ bekannt gewordene Jacob Chansley wegen Behinderung eines offiziellen Vorgangs zu knapp dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt.

In den meisten Fällen wurden bislang Urteile wegen Vergehen wie Hausfriedensbruch und Störung der öffentlichen Ordnung gesprochen. In den Fällen, in denen Angreifern schwere Gewalttaten – unter anderem gegen Polizisten – zur Last gelegt werden, dürften im Februar die ersten Prozesse beginnen. Das betrifft unter anderem Mitglieder rechtsradikaler Milizen wie der Proud Boys und der Oath Keepers.

Gegen mögliche politisch Verantwortliche und Drahtzieher der Kapitol-Erstürmung ist die US-Justiz noch nicht vorgegangen. Die Staatsanwälte scheinen die Klärung dieser Frage bislang dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu überlassen.

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