Schwierige Beweislage im Dresdner Prozess um Juwelendiebstahl

Die Justitia - ein Symbol der Rechtsstaatlichkeit
Die Justitia - ein Symbol der Rechtsstaatlichkeit

Die Täter tricksten gezielt die Sicherheitstechnik aus, gingen schnell und brutal zur Sache und entkamen mit einer Beute im Versicherungswert von fast 114 Millionen Euro: Der Diebstahl des kulturhistorisch wertvollen Juwelenschmucks aus dem Historischen Grünen Gewölbe in Dresden sorgte im November 2019 weltweit für Schlagzeilen. Seit Freitag stehen sechs Angeklagte vor dem Dresdner Landgericht. Der Prozess soll klären, auf welche Weise der spektakuläre Coup gelang und ob die Täter womöglich Helfer hatten.

Die 22 bis 28 Jahre alten Angeklagten werden einzeln und in Handfesseln in den Hochsicherheitstrakt des Dresdner Oberlandesgerichts geführt, wo verhandelt wird. Einige schützen ihr Gesicht mit Pappheftern vor den Kameras. Mit lauten, selbstbewussten Stimmen bestätigen sie wenig später ihre Personalien – mehr sagen sie an diesem ersten Prozesstag nicht.

Bei der Verlesung der Anklage schildert Staatsanwalt Christian Weber, wie die Täter den Einbruch vorbereiten und am frühen Morgen des 25. Novembers 2019 zuschlagen. Zwei der Angeklagten – Mohamed R. und Wissam R. – dringen laut Anklage über ein zuvor präpariertes Seitenfenster ins Residenzschloss ein, in dem sich das Grüne Gewölbe befindet.

Anschließend stürmen die mit einer Axt bewaffneten Einbrecher in den Ausstellungsraum, plündern innerhalb von Minuten gezielt eine Vitrine mit Juwelenschmuck und fliehen mit einem Auto, das sie später in einer Tiefgarage anzünden. Der spektakuläre Diebstahl wird von einer Überwachungskamera aufgezeichnet.

Insgesamt stehlen die Diebe 21 Schmuckstücke aus dem frühen 18.Jahrhundert mit insgesamt mehr als 4300 einzelnen Diamanten und Brillanten. Die Tat war nach Aussage der Staatsanwaltschaft „akribisch vorbereitet“. So brannte zeitgleich zum Einbruch ein Elektroverteiler in Tatortnähe, wodurch die Straßenbeleuchtung am Grünen Gewölbe ausfiel.

Allerdings machten es Sicherheitslücken den Tätern offenbar auch leicht. So konnten sie Gitter des Einstiegsfensters am Residenzschloss Tage vor dem Coup unbemerkt durchtrennen und mit Kleber präparieren. Zudem lag der Bereich in einem toten Winkel und wurde von den Bewegungsscannern nicht erfasst. Ohnehin war der Scanner am Tattag nicht scharf geschaltet – der Wachschutz hatte das nach einem Alarm am Vortag versäumt.

Nicht nur der Verbleib der bislang verschwundenen Beute ist ein großes Rätsel. Das Gericht wird auch prüfen, ob die Täter womöglich Helfer hatten. Nach einem Bericht der Wochenzeitung „Die Zeit“ soll einer der Angeklagten im Gefängnis einem Mithäftling von einem Insider berichtet haben. Seit März 2020 wird gegen vier Wachmänner ermittelt, bislang gab es dazu kein abschließendes Ergebnis.

Auch im Fall des spektakulären Diebstahls einer hundert Kilogramm schweren Goldmünze aus dem Berliner Bode-Museum 2017 hatte ein Wachmann des Museums entscheidende Tipps gegeben. Er und zwei weitere Täter wurden zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt – die beiden damals mitverurteilten Männer sollen auch am Einbruch ins Grüne Gewölbe beteiligt gewesen sein und sitzen nun mit auf der Anklagebank.

Die Staatsanwaltschaft sieht aufgrund von Videomitschnitten und DNA-Spuren ausreichend Beweise für eine Täterschaft der sechs Männer, die alle einem einschlägig bekannten Berliner Familienclan angehören. Die Verteidigung hält ihre Mandanten hingegen für unschuldig oder hält die Beweislage zumindest für zu dünn, um die Vorwürfe zu belegen.

Die Anwältin von Mohamed R. hält die Anklage gegen ihren Mandanten für einen „Schnellschuss“. Die Beweisaufnahme werde zeigen, dass er „nicht einer der Täter“ sein könne. Auch der Verteidiger von Bashir R. hält die Vorwürfe für „unbegründet“. „Er wird am Ende freizusprechen sein.“ Ein anderer Anwalt spricht von „Scheinbeweismitteln“.

Alle Verteidiger kritisieren zudem eine Vorverurteilung ihrer Mandaten durch die Medien allein durch deren Zugehörigkeit zu einem Familienclan. Das bedeute aber nicht gleich eine Mittäterschaft, heißt es. Tatsächlich gibt es noch viele offene Fragen in dem bis Oktober angesetzten Verfahren.

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