Habeck und Lemke lehnen EU-Einstufung von Atomkraft als nachhaltig ab

Atomkraft
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Die Europäische Kommission stuft Atomenergie und Gas als nachhaltig ein – und stößt damit zum Teil auf massiven Widerstand. Österreich kündigte am Mittwoch eine Klage gegen die Aufnahme von Atom und Gas in die sogenannte Taxonomie-Verordnung an. Wirtschaftsminister Robert Habeck und Umweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) bekräftigten die Position der Bundesregierung gegen die Aufnahme der Atomkraft. Der Einstufung von Gas hatte Deutschland aber zugestimmt.

Im Vorfeld hatte es viel Diskussionen um den neuen Rechtsakt der Kommission gegeben. Am Mittwoch räumte die zuständige EU-Kommissarin Mairead McGuinness ein, dieser sei „vielleicht nicht perfekt“, er biete aber „eine echte Lösung“ für das Ziel der EU, bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu werden. Die Kommission will damit Milliarden-Investitionen in „grüne“ Energieträger lenken und einen Anreiz für private Investoren bieten.

Atomenergie und Gas seien zwar „an sich nicht grün, aber sie ermöglichen den Übergang zu erneuerbaren Energien“, hieß es von Kommissionsexperten. Die Brüsseler Behörde geht davon aus, dass erneuerbare Energien zum jetzigen Zeitpunkt den steigenden Strombedarf in der EU nicht decken könnten.

In Berlin bekräftigten derweil Umweltministerin Lemke und Wirtschaftsminister Habeck das Nein der Bundesregierung zur Aufnahme von Atomkraft in die Taxonomie-Verordnung. Atomkraft sei „mit immensen Risiken verbunden“, erklärte Lemke. Die Bundesregierung werde nun beraten, wie sie mit dem Beschluss umgehe. In der Ampel-Koalition hatten vor allem die Grünen erfolglos gegen das Nachhaltigkeitssiegel für Atomkraft protestiert.

Die Bundesregierung setzte sich aber für Gas als sogenannte Brückentechnologie ein. Sie erreichte, dass die Kriterien für „nachhaltiges“ Gas sogar gelockert werden. Verbindliche Zwischenschritte bis zu dem Ziel, die Gasproduktion bis 2035 weitgehend kohlenstofffrei zu machen und dafür etwa auf klimafreundlicheren Wasserstoff umzustellen, strich die EU-Kommission aus ihrem endgültigen Beschluss.

Der Industrieverband BDI begrüßte diese Entscheidung. Es sei „richtig“, dass die EU-Kommission die „Auflagen für neue Gaskraftwerke mit Blick auf ihre Wasserstofftauglichkeit zeitlich lockert“. Nur so lasse sich der „Aufbau von Gaskraftwerken als Brückentechnologie“ auf dem Weg zur Klimaneutralität stemmen.

Den stärksten Widerstand gab es seitens der österreichischen Regierung. Diese kündigte an, gegen die Einstufung von Atom und Gas zu klagen. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) sagte, ihr Ministerium werde in den kommenden Wochen „alle rechtlichen Schritte vorbereiten“ und bei einem Inkrafttreten des Kommissionsbeschlusses beim Europäischen Gerichtshof „mit einer Nichtigkeitsklage dagegen vorgehen“. Der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sicherte Gewessler im Onlinedienst Twitter seine „volle Unterstützung“ zu.

Ähnlich sehen es die Abgeordneten von SPD, Grünen und der Linken im Europaparlament. Sie kündigten an, sich gegen den Beschluss der EU-Kommission stark zu machen. Es drohten „über Jahre und Jahrzehnte Investitionen in umwelt- und klimafeindliche Technologien“, erklärte der Grünen-Europaabgeordnete Rasmus Andresen. Massive Proteste gegen den Taxonomie-Beschluss gibt es auch von Umweltorganisationen. Greenpeace etwa bezeichnete ihn als „größtes Greenwashing aller Zeiten“.

Theoretisch können die Mitgliedstaaten oder das Europaparlament das geplante Inkrafttreten der neuen Regeln 2023 noch verhindern. Allerdings gilt dies wegen der hohen Hürden als schwierig. Da es sich um einen sogenannten delegierten Rechtsakt handelt, müssten mindestens 20 Mitgliedstaaten dagegen stimmen, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung auf sich vereinen. Im Europaparlament könnte eine absolute Mehrheit der Abgeordneten ein Inkrafttreten der Regeln verhindern.

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