Menschen mit Migrationshintergrund sind bislang etwas seltener geimpft – aber zumeist doch bereit, sich noch ein Vakzin verabreichen zu lassen. Das ist das Ergebnis einer Studie des Robert-Koch-Instituts (RKI) vom Donnerstag. Darin gaben 92 Prozent der Deutschstämmigen an, geimpft zu sein, während es bei den Menschen mit Migrationshintergrund nur 84 Prozent waren. Die durchschnittliche Impfbereitschaft der Befragten mit Migrationsgeschichte sei aber „signifikant höher als in der Gruppe ohne Migrationsgeschichte“.
Nach der Befragung könne davon ausgegangen werden, „dass unter den Ungeimpften mit Migrationsgeschichte noch ein größerer Anteil bereit ist, sich impfen zu lassen“, sagte die Gesundheitswissenschaftlerin Elisa Wulkotte bei der Vorstellung der Studie. Für die Untersuchung wurden 2000 Menschen befragt – je 1000 mit und ohne Migrationshintergrund.
Entscheidender als der Migrationshintergrund sind der Studie zufolge die Sprachkenntnisse der Befragten. Bei Menschen, die wenig oder kein Deutsch sprechen, liegt die Impfquote bei 75 Prozent. Bei Befragten mit sehr guten Deutschkenntnissen oder Deutsch als Muttersprache waren es 92 Prozent.
Weitere Faktoren, die die Impfquote beeinflussen, sind Einkommen, Bildungsniveau und Alter der Menschen. Das gilt sowohl für Menschen mit als auch ohne Migrationshintergrund. Diskriminierungserfahrungen wirken sich der Studie zufolge ähnlich wie Sprachbarrieren negativ auf die Impfbereitschaft aus.
Die Studie zeigt zudem, dass Menschen mit Migrationshintergrund offenbar anfälliger für bestimmte Falschinformationen sind. Bei der Frage, ob die Impfung bei einem Kinderwunsch Risiken aufweise, zeigten sich 58 Prozent der Zuwanderer unsicher, aber nur 51 Prozent der Deutschstämmigen. Vier Prozent der Menschen ohne Migrationsgeschichte gab die falsche Antwort, dass die Impfung bei Menschen mit Kinderwunsch nicht sicher sei – bei den Zuwanderern waren es elf Prozent.
„Falschinformationen sollten deshalb wirksam entkräftet werden“, sagte Wulkotte. „Eine zielgerichtete Impfkampagne sollte sich an Personen mit wenig Deutschkenntnissen und niedrigem sozioökonomischen Status richten.“ Zudem solle Diskriminierung im Gesundheitswesen abgebaut werden.
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, erklärte, nicht die Herkunft sei für das Impfen entscheidend, sondern sozialer Status, Alter und Sprachkenntnis. Das zeige auch ein Blick auf die Länder. „In Sachsen oder Thüringen sind die Impfquoten niedrig, hier leben aber wenige Menschen mit Einwanderungsgeschichte.“ Es müsse „mehr auf aufsuchende Beratung“ gesetzt werden – ohne lange Warteschlangen und Termin. Wichtig seien zudem mehrsprachige Informationen.
Die Ergebnisse der RKI-Studie decken sich nach Angaben des Mediendienstes Integration mit Erkenntnissen aus anderen Untersuchungen. Einer Studie des „Covid-19 Snapshot Monitoring“ in Erfurt zufolge haben Ungeimpfte demnach im Durchschnitt häufiger einen Migrationshintergrund, sind zudem jünger und leben eher in Ost- als in Westdeutschland.
Eine Studie der Universität Bielefeld zur Gesundheitskompetenz von Menschen mit Migrationshintergrund bestätigt den Angaben zufolge, dass viele Menschen mit postsowjetischem und türkischem Migrationshintergrund oftmals nicht wissen, welche Impfungen sie oder ihre Familien benötigen. Unsicherheit bei Impfungen gehe sehr oft mit Sprachbarrieren einher, wie auch eine Untersuchung der Technischen Universität München unter türkischstämmigen Personen am Anfang der Impfkampagne bestätigt habe.