Russland führt drastische Haftstrafen für „Falschnachrichten“ über Armee ein

Duma, Russland
Duma, Russland

Im Krieg gegen die Ukraine geht Moskau nun auch mit drakonischen Haftstrafen gegen missliebige Berichterstattung über die russische Armee vor. Präsident Wladimir Putin unterzeichnete am Freitag ein Gesetz, das bis zu 15 Jahre Haft bei „Falschnachrichten“ über die Armee vorsieht. Betroffen von dem Gesetz sind auch Ausländer. Die russischen Behörden schränkten außerdem den Zugang zu weiteren Medien ein und ordneten die Sperrung des Online-Netzwerks Facebook an.

Neben Haftstrafen sieht das am Freitag vom Parlament verabschiedete Gesetz auch hohe Geldbußen für die „wissentliche“ Verbreitung von „Falschnachrichten“ über das russische Militär vor. Die Duma-Abgeordneten verabschiedeten zudem einen weiteren Gesetzentwurf, der Strafen für Medien und Einzelpersonen bei „Aufrufen zu Sanktionen gegen Russland“ vorsieht. Auch diesen unterzeichnete Putin noch am Freitag.

Russische Medien waren nach dem Einmarsch in die Ukraine angewiesen worden, nur offizielle Informationen der russischen Behörden für ihre Berichterstattung zu verwenden. Begriffe wie „Angriff“ oder „Invasion“ im Zusammenhang mit dem Einmarsch in die Ukraine sind verboten. Die Behörden stellen den Angriffskrieg auf die Ukraine lediglich als „Sondereinsatz“ des Militärs und „Friedensmission“ zum Schutz russischsprachiger Ukrainer dar.

Waleri Fadejew, Leiter des Kreml-Menschenrechtsrates, warf westlichen Medien vor, hinter „einem enormen Strom von Falschinformationen aus der Ukraine“ zu stecken. Die russischen Behörden schränkten am Freitag auch den Zugang zu den Websites der Deutschen Welle und weiterer unabhängiger Medien ein.

Betroffen waren nach Angaben der Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor neben dem deutschen Auslandssender auch die Websites des britischen Rundfunksenders BBC, der in Lettland ansässigen russisch- und englischsprachigen Nachrichtenwebsite Medusa und von Swoboda. Swoboda ist der russischsprachige Sender von Radio Free Europe/Radio Liberty, einem vom US-Kongress finanzierten Medium.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) forderte Putin auf, die Sperrung der Online-Auftritte der DW und weiterer Medien sofort aufzuheben. „Für die Blockade der Deutschen Welle gibt es keinen Grund“, erklärte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall.

Auch die BBC kritisierte den Schritt: Der Zugang zu „korrekten, unabhängigen Informationen ist ein grundlegendes Menschenrecht“, das den Menschen in Russland nicht verwehrt werden sollte, erklärte ein Sprecher. Am Abend kündigte die BBC an, die Arbeit ihrer Journalisten in Russland vorerst einzustellen.

Die russischen Behörden haben ihr Vorgehen gegen kritische Medienstimmen seit Beginn des Angriffskriegs in der Ukraine noch einmal massiv verschärft. Der unabhängige Radiosender Echo Moskwy (Moskauer Echo) etwa hatte am Donnerstag seine Auflösung bekanntgeben müssen, nachdem er wegen seiner Berichterstattung über die Invasion in der Ukraine mit einem Sendeverbot belegt worden war. Auch der unabhängige Fernsehsender Doschd wurde verboten.

Am Freitag stellte ein weiteres unabhängiges Medium, die russische Website Snak, seine Arbeit ein. Das Unternehmen begründete den Schritt mit den „zahlreichen Einschränkungen bei der Arbeit der Medien in Russland“. Die unabhängige Tageszeitung „Nowaja Gaseta“ löschte im Internet ihre Berichterstattung über die Ukraine-Invasion.

Die russischen Behörden ordneten am Abend auch die Sperrung des Online-Netzwerks Facebook an, über das sich bisher viele Menschen abseits der staatlichen Medien über den Einmarsch im Nachbarland informiert haben. Die Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor begründete dies damit, dass Facebook russische Medien „diskriminiert“ habe, indem es seit Oktober 2020 in 26 Fällen die Accounts von Kreml-treuen Medien beschnitten habe.

Der Vizepräsident des Facebook-Konzerns Meta, Nick Clegg, erklärte dazu: „Bald werden Millionen von einfachen Russen von verlässlichen Informationen abgeschnitten sein und zum Schweigen gebracht werden.“ Er kündigte an, alles zu unternehmen, um die Sperrung wieder aufheben zu lassen.

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