Johnson wegen Nähe zu russischstämmigen Medienmogul Lebedev unter Druck

Boris Johnson - Bild: Andrew Parsons / No 10 Downing Street
Boris Johnson - Bild: Andrew Parsons / No 10 Downing Street

Großbritanniens Premierminister Boris Johnson gerät wegen seiner Nähe zum russischstämmigen Medienmogul Evgeny Lebedev unter Druck. Johnson müsse angesichts der Tatsache, dass er Lebedev zum Baron ernannt und damit einen Sitz im Oberhaus verschafft habe, „ernste Fragen“ beantworten, sagte Oppositionsführer Keir Starmer am Sonntag im Sender Sky News. Der „Sunday Times“ zufolge hatte Johnson Warnungen des Geheimdienstes MI6 im Zusammenhang mit der Verleihung der Adelswürde an Lebedev ignoriert.

Johnson soll seit seiner Zeit als Londoner Bürgermeister mit Lebedev befreundet sein. Laut dem Bericht der „Sunday Times“ überging der Premierminister Warnungen des MI6, als er Lebedev im Jahr 2020 zum Baron machte. Dazu sagte Starmer: „Angesichts der weiteren Enthüllungen von heute denke ich, dass der Premierminister ernste Fragen zu beantworten hat: Was wusste er? Und hat er sich über den Rat der Sicherheitsbehörden hinweggesetzt?“

Kritik erregt derzeit unter anderem ein Besuch Johnsons in Lebedevs italienischer Villa im April 2018. Damals war Johnson Außenminister. Lebedev nahm zudem zwei Jahre zuvor an einem wichtigen Treffen von Tory-Politikern teil, bei dem Johnson und sein Parteifreund und heutiger Kabinettssekretär Michael Gove über die Position der Konservativen beim damals bevorstehenden Brexit-Referendum berieten.

Gove verteidigte den Regierungschef am Sonntag gegen Kritik. Lebedev habe in der ihm gehörenden Zeitung „Evening Standard“ klar gemacht, dass er den Ukraine-Krieg „aus ganzem Herzen ablehnt“.

Lebedev, der sowohl die russische als auch die britische Staatsbürgerschaft besitzt, hatte Russlands Staatschef Wladimir Putin am Montag aufgerufen, die Truppen aus der Ukraine abzuziehen. In der Vergangenheit äußerte sich der Medienmogul allerdings weniger kritisch über den Kreml. Den Syrien-Einsatz der russischen Armee bezeichnete er etwa als richtig. Auch bezweifelte er öffentlich die Annahme, dass russische Agenten den früheren KGB-Offizier Alexander Litwinenko 2006 in London vergifteten.

Großbritannien hat wegen des Ukraine-Kriegs Sanktionen gegen sieben russische Oligarchen verhängt. Betroffen ist unter anderem der Eigentümer des Londoner Fußballclubs Chelsea, Roman Abramowitsch.

Am Sonntag kündigte die Regierung in London zudem ein neues Programm zur Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge an. Innerhalb des Programms „Ein Zuhause für die Ukraine“ sollen „zehntausende“ ukrainische Flüchtlinge bis zu drei Jahre lang in britischen Privathaushalten leben können und zudem Zugang zum Arbeitsmarkt sowie dem Gesundheits- und Bildungswesen bekommen, wie Kabinettssekretär Gove sagte.

Großbritannien war wegen seiner vergleichsweise restriktiven Politik gegenüber ukrainischen Flüchtlingen zuletzt international in die Kritik geraten. Nach Angaben Goves wurden bisher 3000 Visa an ukrainische Flüchtlinge ausgestellt, die es diesen erlauben, zu Angehörigen in Großbritannien zu ziehen.

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