Die Bundesregierung will die Luftwaffe mit dem US-Tarnkappenjet F-35 ausrüsten. Die Maschinen des Herstellers Lockheed Martin sollen schrittweise die vor mehr als 40 Jahren eingeführte Tornado-Flotte ersetzen, kündigte Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) am Montag in Berlin an. Mit der F-35 bekomme die Bundeswehr „das modernste Kampfflugzeug weltweit“, sagte Luftwaffen-Inspekteur Ingo Gerhartz.
Der Erwerb der Kampfjets ist das erste große Beschaffungsprojekt der Truppe seit dem russischen Angriff auf die Ukraine. Generalleutnant Gerhartz stellte einen Zusammenhang zwischen der Kaufentscheidung und dem Krieg in der Ukraine her: „Auf Putins Aggression kann es aus meiner Sicht nur eine Antwort geben – und das ist Geschlossenheit in der Nato und glaubwürdige Abschreckung“, sagte er. Die Anschaffung der Jets werde die Fähigkeit stärken, „unser Bündnis, wenn es sein muss, auch zu verteidigen“.
Die F-35 ist wegen einer speziellen Form und Außenbeschichtung für gegnerisches Radar nur schwer zu entdecken. Der Jet soll nach Lambrechts Worten auch die sogenannte nukleare Teilhabe Deutschlands sichern. Dabei geht es um ein Abschreckungskonzept der Nato, bei dem Verbündete Zugriff auf US-Atombomben haben und diese im Ernstfall transportieren. Dafür soll die Luftwaffe künftig die F-35 einsetzen können.
Mit der Kaufentscheidung „kommen wir mit der Ausrüstung der Bundeswehr einen guten Schritt voran“, sagte Ministerin Lambrecht. Zunächst sollten 35 F-35-Jets angeschafft werden, heißt es in einem als Verschlusssache eingestuften Schreiben des Ministeriums an den Verteidigungsausschuss des Bundestags, das der Nachrichtenagentur AFP vorliegt. Zudem sollten 15 neue Maschinen des etablierten Typs Eurofighter angeschafft werden; diese sollten insbesondere für den elektronischen Kampf weiterentwickelt werden.
Angaben zu den Kosten und zum Zeitplan der Lieferung enthält das Schreiben des Ministeriums nicht. Es verwies aber darauf, dass das F-35-System bereits „etabliert“ sei: „Damit sinken die technischen, zeitlichen und auch finanziellen Risiken der Beschaffung.“
Der Stückpreis der Maschinen dürfte weit über 100 Millionen Euro liegen: Die US-Streitkräfte hatten in den vergangenen Jahren umgerechnet rund 145 Millionen Euro pro Jet gezahlt.
Mit der Entscheidung zugunsten der F-35 beendet das Verteidigungsministerium eine jahrelange Prüfung von Optionen. Langfristig setzt Deutschland gemeinsam mit Frankreich und Spanien auf das europäische Projekt Future Combat Air System (FCAS). Diese Flugzeuge dürften aber erst ab 2040 zur Verfügung stehen. Bis dahin konnte die alternde Tornado-Flotte nicht in Betrieb gehalten werden.
In seinem Schreiben an den Bundestagsausschuss nennt das Ministerium drei Gründe für die Entscheidung zugunsten der F-35. Deutschland könne damit seine Nato-Fähigkeiten, „vor allem die Rolle der nuklearen Teilhabe, ohne Unterbrechung“ beibehalten. Das europäische Projekt FCAS werde weiter verfolgt. Zudem sollten „technisches Know-how und industrielle Kapazitäten in Deutschland und Europa erhalten bleiben“.
Des weiteren sei die F-35 ein Modell, dass „in zukünftigen Szenarien durchsetzungsfähig“ sei, schrieb das Ministerium – und fügte hinzu: „Mögliche Einsätze im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung müssen wir dabei immer im Blick behalten, das haben uns die Ereignisse der letzten Wochen ganz deutlich vor Augen geführt.“
Scharfe Kritik an der Kaufentscheidung kam von der Linkspartei. „Es ist beängstigend, dass die Bundesregierung mit dem Kauf der F-35 Kampfjets die nukleare Teilhabe in der Nato festschreibt und einen neuen nuklearen Rüstungswettlauf befeuert“, sagte die Linken-Außenexpertin Sevim Dagdelen der Nachrichtenagentur AFP. „Das ist eine zynische Verhöhnung aller wohlfeilen Erklärungen zur nuklearen Abrüstung.“