Umfangreiche Kabinettsumbildung in Brasilien sechs Monate vor den Wahlen

Jair Bolsonaro - Bild: Clauber Cleber Caetano/PR/CC BY 2.0
Jair Bolsonaro - Bild: Clauber Cleber Caetano/PR/CC BY 2.0

Ein halbes Jahr vor der Präsidentschaftswahl in Brasilien hat Amtsinhaber Jair Bolsonaro eine umfangreiche Kabinettsumbildung vorgenommen. Der rechtsextreme Staatschef besetzte am Donnerstag fast die Hälfte der Ministerposten neu. Dass zehn der 23 Minister gehen mussten, hängt damit zusammen, dass laut brasilianischem Wahlgesetz jeder Minister, der sich um ein Mandat als Abgeordneter, Senator oder Gouverneur bewerben will, im Vorfeld seinen Regierungsposten aufgeben muss. Die Frist dafür endet am Samstag.

„Sie gehen erhobenen Hauptes“, sagte Bolsonaro über die ausscheidenden Regierungsmitlieder während ihrer feierlichen Entlassung in der Hauptstadt Brasília. „Sie werden sich um Mandate bewerben und müssen Wahlkampf in ihren Bundesstaaten machen.“ Seinen Abschied nahm unter anderem Verteidigungsminister Walter Braga, der sich um das Amt des Vize-Präsidenten während einer erneuten Amtszeit Bolsonaros bewirbt.

Die einflussreiche bisherige Landwirtschaftsministerin Tereza Cristina will für den Bundesstaat Mato Grosso du Sud in den Senat einziehen. Tarcisio de Freitas gibt seinen Posten als Infrastruktur-Minister auf, um Gouverneur von São Paulo, des reichsten und bevölkerungsreichsten Bundesstaates Brasiliens, zu werden. Ersetzt wurden die Minister durch weniger bekannte hohe Beamte.

Die erste Runde der Präsidentschaftswahl findet am 2. Oktober statt. An diesem Tag wählen die Brasilianer außerdem ihre Abgeordneten, Gouverneure und ein Drittel der Senatoren.

Bolsonaro liegt in Umfragen immer noch deutlich hinter dem linksgerichteten Kandidaten Luiz Inacio Lula da Silva, auch wenn er den Abstand zu seinem Amtsvorgänger zuletzt etwas verringern konnte. Von den übrigen Kandidaten kommt derzeit in den Umfragen keiner über zehn Prozent.

Der frühere Anti-Korruptionsrichter Sergio Moro teilte am Donnerstag mit, dass er seine Kandidatur zurückziehe. Der 49-Jährige hatte sich als alternativer Kandidat der Mitte präsentiert, kam in Umfragen aber nur auf rund acht Prozent Zustimmung.

Mit der Beendigung seines Wahlkampfs wolle er „Verhandlungen zwischen den politischen Kräften der demokratischen Mitte erleichtern über die Suche nach einem einzigen Präsidentschaftskandidaten“, erklärte Moro im Onlinedienst Instagram. Nach seinem Rückzug werde er „ein Soldat der Demokratie“ sein, der sich dem „Traum von einem besseren Brasilien“ verschreibe. Moro kündigte zugleich an, von der Mitte-Partei Podemos in die Mitte-rechts-Partei Uniao Brasil zu wechseln.

Moro hatte Ex-Präsident Lula 2017 wegen Korruption zu einer Haftstrafe verurteilt. 2019 kam der Linkspolitiker aber frei und vergangenes Jahr hob der Oberste Gerichtshof das Urteil gegen Lula endgültig auf. Unter Bolsonaro war Moro Justizminister, im April 2020 trat er aber im Streit mit dem Präsidenten über dessen Einmischung in Ermittlungen gegen seine Verwandten zurück.

Laut dem Politikwissenschaftler André Pereira César dürfte Bolsonaro von Moros Rückzug profitieren, weil Moros Anhänger ihre Stimme „niemals“ Lula geben würden.

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