Der Ökonom Lars Feld, beratendes Mitglied der Mindestlohnkommission, rechnet mit einer Annahme des Kommissionsvorschlags durch die Politik. „Ich bin ganz sicher, dass Bundesarbeitsminister Hubertus Heil den Beschluss annehmen wird“, sagte Feld dem „Handelsblatt“ (Dienstagsausgabe). Gleichzeitig sei es sehr wahrscheinlich, dass zeitnah Forderungen der Gewerkschaften für eine erneute politische Erhöhung des Mindestlohns kommen würden.
Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn in Deutschland soll zum 1. Januar 2024 von 12,00 Euro auf 12,41 Euro pro Stunde und ein Jahr später auf 12,82 Euro angehoben werden. Diesen Vorschlag legte die Mindestlohnkommission am Montag vor – gegen die Stimmen der Gewerkschaften. Feld verteidigte den Beschluss der Kommission.
Der Direktor des Freiburger Eucken-Instituts sagte: „Der Kaufkraftverlust wird mehr als ausgeglichen, denn 2021 hatte der Gesetzgeber ja schon die deutliche Erhöhung auf zwölf Euro beschlossen.“ Damals sei die Inflation noch nicht so hoch gewesen: „Trotzdem müssen wir diese umfangreiche gesetzliche Erhöhung als Kaufkraft sichernd ansehen.“ Auch der Wirtschaftsweise Martin Werding lobte den Vorschlag.
„Jetzt kehrt die Mindestlohnkommission mehrheitlich zu einem Kurs moderater Anhebungen zurück“, sagte Werding dem „Handelsblatt“. Die vorgeschlagenen Steigerungen um knapp 3,5 Prozent in den nächsten beiden Jahren würden die Reallöhne für Arbeitskräfte, die zum Mindestlohn arbeiten, stabilisieren. Auch der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), Stefan Genth, rief die Bundesregierung dazu auf, dem Vorschlag der Mindestlohnkommission zu folgen.
„Es wird entscheidend sein, dass der Gesetzgeber die Unabhängigkeit der Mindestlohnkommission uneingeschränkt achtet und diese nicht nochmals – wie im letzten Jahr geschehen – aus rein politischen Motiven aushebelt“, sagte Genth dem „Handelsblatt“. Es sei „anzuerkennen, dass sich die Mindestlohnkommission bei ihrem heutigen Beschluss von sachlichen Kriterien hat leiten lassen, indem sie sich bei der Anhebung maßgeblich am Tarifindex orientiert hat“, sagte Genth. Unabhängig davon sei das wirtschaftliche Umfeld für den Einzelhandel weiterhin herausfordernd.
„Jede Form der Kostensteigerung ist in diesem schwierigen Umfeld für viele Unternehmen natürlich sehr schwer zu verkraften.“