Europa eifert mit Bau von wiederverwendbarer Rakete der Raumfahrt-Nation USA nach

Ariane 5 - Bild: NASA/Bill Ingalls
Ariane 5 - Bild: NASA/Bill Ingalls

Griff nach den Sternen: Die für die Raumfahrt zuständigen Minister in der Europäischen Union (EU) treffen sich am Mittwoch im südfranzösischen Toulouse. Auch Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron will sich in die Debatte einschalten. Dabei geht es auch um eine größere Eigenständigkeit Europas in der Raumfahrt. Teil dieser Bemühungen ist die Entwicklung einer wiederverwendbaren Rakete in einer Kleinstadt in der Normandie.

In einer von bewaldeten Hügeln umgebenen Anlage in Vernon arbeitet der europäische Raumfahrtkonzern Arianegroup daran, mehrfach verwendbare Raketen zu entwickeln, wie sie das private US-Raumfahrtunternehmen SpaceX bereits erfolgreich einsetzt. Wie der Arianegroup-Leiter für Zukunftsprogramme, Jean-Christophe Hénoux, schildert, beruht das Vorhaben auf einem Triebwerk namens Prometheus und einer mehrstufigen Rakete namens Themis.

Der von Arianegroup entwickelte Prometheus-Antrieb kann bis zu fünf Mal wiederverwendet werden. Seine Kosten sollen damit nur ein Zehntel der Ausgaben für den etablierten Vulcain-Antrieb der Ariane-5-Rakete betragen. Themis wird von ArianeWorks, einer Innovationsplattform von Arianegroup und der französischen Raumfahrtbehörde CNES, entwickelt. Die Rakete soll unversehrt zur Erde zurückkommen und so wiederverwertet werden können.

Im April sollen die ersten praktischen Tests mit Themis und Prometheus stattfinden. Dafür wird gerade ein Betonbau renoviert, der als Versuchsanlage für die Ariane-1-Rakete gedient hatte und bereits 1984 aufgegeben wurde.

Mit Themis kehre sein Unternehmen zur „Pionier-Logik“ der Anfangsjahre der Arianegroup zurück, meint der Qualitätsmanager des Konzerns, Philipp Girard. Die Tests werden von einem unterirdischen Bunker aus koordiniert. Prometheus soll bei der Testreihe mehrere Male für ein paar Dutzend Sekunden gezündet werden.

Dafür wird das Triebwerk mit zwei Tanks mit Sauerstoff und mit stark heruntergekühltem flüssigen Methan bestückt, wie Themis-Projektleiter Olivier Gogdet erläutert. Methan sei deshalb interessant für die Raumfahrt, weil es „viel kompakter und viel weniger kalt“ als der Treibstoff Wasserstoff sei. Dies erleichtere die Wiederverwendung des Triebwerkes.

Die Themis-Tanks werden in der selben Montagehalle vorbereitet wie die Vulcain-Triebwerke der Ariane-5-Rakete, die derzeit im Einsatz ist und ihren letzten Flug kommendes Jahr absolvieren soll. Der erste Flug der neuen Ariane 6 ist für Ende 2022 geplant.

Doch die Europäische Weltraumorganisation (ESA) denkt auch schon an die Zeit danach. Sie hat deswegen 210 Millionen Euro in die Entwicklung von Prometheus gesteckt und fördert die Themis-Entwicklung mit 33 Millionen Euro. Der französische Staat wiederum hat 15 Millionen Euro in die Themis-Versuchsanlage in Vernon sowie die Beschleunigung der Entwicklung von Prometheus gesteckt.

„Früher haben wir die Entwicklung der Reihe nach gemacht“, sagt Gogdet. „Jetzt wird gleichzeitig am Motor, seinem Einsatz und der Raketenstufe gearbeitet.“ Das ermögliche es, Verzögerungen und die Entwicklungskosten zu verringern. „Wir nehmen Abkürzungen“, sagt auch Zukunftsprogramm-Leiter Hénoux. „Bei Themis produzieren wir, testen wir, sobald wir können.“

Den ersten richtigen Testflug soll Themis im kommenden Jahr im nordschwedischen Kiruna absolvieren. Die 27 Meter hohe und fast 200 Tonnen schwere Rakete, die mit drei Prometheus-Triebwerken ausgestattet wird, soll dort abheben und dann an ihren Startplatz zurückkehren. Abschließende Tests sind dann für 2025 auf dem Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana vorgesehen.

Wenn es gut läuft, sollen mit Prometheus und Themis nicht nur neue Raketen entwickelt werden, sagt Hénoux. Mithilfe der neuen Technologien könnte auch die Ariane 6 mit einer wiederverwertbaren Raketenstufe versehen und die europäische Raumfahrt vorangebracht werden.

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