Der neue Strafparagraf für Autoraser ist weiter anwendbar. Das entschied das Bundesverfassungsgericht mit einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss. Demnach ist die Regelung ausreichend bestimmt. Der Raserparagraf 315d war 2017 ins Strafgesetzbuch eingefügt worden. Er stellt Kraftfahrzeugrennen und anderweitige Raserei unter Strafe. Es drohen Geld- oder Haftstrafen, bei Todesopfern bis zu zehn Jahre. (Az: 2 BvL 1/20)
Im konkreten Fall wirft die Staatsanwaltschaft Konstanz dem Beschuldigten ein verbotenes Kraftfahrzeugrennen vor. Weil er keinen Führerschein hatte und betrunken war, wollte er einer Polizeikontrolle und anschließend einem Streifenwagen entgehen. Laut Staatsanwaltschaft soll er mit 80 bis 100 Stundenkilometern durch Ortschaften gerast sein und dabei ein Straßenschild „mitgenommen“ und mehrere rote Ampeln überfahren haben.
Die Staatsanwaltschaft stützt sich auf einen Passus des Raserparagrafen, der es auch unabhängig von einem Rennen unter Strafe stellt, „grob verkehrswidrig und rücksichtslos“ zu fahren, „um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen“.
Das Amtsgericht Villingen-Schwenningen wollte die Anklage nur wegen einer Trunkenheitsfahrt zulassen. Die Raservorschrift dagegen sei „verfassungswidrig unbestimmt“ und daher nicht justiziabel. Es legte den Streit daher dem Bundesverfassungsgericht vor.
In ihrem nun veröffentlichten Beschluss teilen die Karlsruher Richter die Bedenken des Amtsgerichts nicht. Die Vorschrift und insbesondere auch der rechtlich neue Begriff der „höchstmöglichen Geschwindigkeit“ seien ausreichend konkret und ließen sich durch die Gerichte auslegen.
So verwiesen die Gesetzesmaterialien ausdrücklich auf die Straßen-, Sicht- und Wetterverhältnisse. Auch sei klar, dass es nach der Vorschrift nicht auf die Motive für die „höchstmögliche Geschwindigkeit“ ankommt, wie hier die Flucht vor der Polizei. Nach dem Karlsruher Beschluss ist es auch unbedenklich, dass der Raserparagraf in seinem Anwendungsbereich teils Überschneidungen mit anderen Strafvorschriften hat.
Auch sei die Vorschrift verhältnismäßig, betonte das Bundesverfassungsgericht. Der Schutz der Gemeinschaft wiege schwerer als die Handlungsfreiheit der Autofahrer.
Das Amtsgericht hatte zur Begründung unter anderem auf eine vergleichbare Strafnorm in der Schweiz verwiesen. Anders als in Deutschland legt diese Schwellen für die Tempoüberschreitung fest, damit die Strafvorschrift bei „Einzelrasern“ greift – etwa bei Ortschaften mit einem Tempolimit von 50 Stundenkilometern eine Geschwindigkeit von 100 Stundenkilometern.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sprach nach der Karlsruher Entscheidung von einem „guten Zeichen“. „Bei illegalen Autorennen oder Verfolgungsfahrten setzen die Fahrerinnen und Fahrer alles aufs Spiel – auch das Leben völlig Unbeteiligter“, erklärte er in Berlin. Dieses Verhalten sei zu Recht explizit unter Strafe gestellt worden. „Wer das Leben anderer seinem eigenen Spaß oder seiner Flucht vor der Polizei unterordnet, muss dafür Konsequenzen tragen“, erklärte Buschmann.