Nach Berichten über Missstände in französischen Seniorenheimen des Unternehmens Orpea hat die Regierung in Paris eine Klage gegen den kommerziellen Anbieter angekündigt. Wegen „schwerwiegender Fehlfunktion“ der Orpea-Heime werde der französische Staat Klage einreichen und die Rückerstattung staatlicher Fördermittel verlangen, sagte das für Senioren zuständige Kabinettsmitglied Brigitte Bourguignon am Samstag dem Radiosender France Inter. Es gehe um „mehrere Millionen“ Euro.
In einer Ministeriumsmitteilung wurde auf den Untersuchungsbericht der französischen Finanzinspektion (IGF) und der Inspektion für soziale Angelegenheiten (Igas) verwiesen, der schwerwiegende Mängel in Orpea-Heimen zum Nachteil der zu betreuenden Bewohner aufgezeigt habe. Nachdem Frankreich wochenlang auf den Untersuchungsbericht gewartet hatte, machte die Senioren-Beauftragte Bourguignon nun allerdings deutlich, dass dieser der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht werde.
Gegenüber der Nachrichtenagentur AFP begründete ihr Büro dies mit darin enthaltenen „Geschäftsgeheimnissen“. Gesundheitsminister Olivier Véran hatte vor zwei Wochen versichert, dass Teile des Berichts veröffentlicht würden, nämlich „alles, was nicht unter das Geschäftsgeheimnis fällt“.
Ein Enthüllungsbuch des französischen Journalisten Victor Castanet mit dem bezeichnenden Titel „Die Totengräber“ hatte den Skandal öffentlich gemacht. Es beschreibt, wie in privaten Pflegeheimen Personal, Essen sowie Seniorenwindeln und Medikamente rationiert würden, um die Rentabilität zu erhöhen.
Das Unternehmen Orpea hatte die Vorwürfe zurückgewiesen und eine interne Untersuchung angekündigt. Ende Januar gab das Unternehmen einen Wechsel an der Spitze bekannt.
In Frankreich gibt es etwa 7500 Pflegeheime für Senioren, in denen gut 600.000 Menschen leben. Etwa die Hälfte von ihnen ist in öffentlicher Trägerschaft, 30 Prozent sind gemeinnützig. 20 Prozent sind in der Hand kommerzielle Anbieter.
Orpea unterhält 354 Seniorenheimen in Frankreich. Das Unternehmen ist aber auch in 23 anderen Ländern aktiv, vorwiegend in Europa. In Deutschland gehören etwa 190 Heime zum Orpea-Konzern, darunter laut dessen Website Einrichtungen unter den Namen VitaCare, Hildegard-von-Bingen-Seniorenzentren und Peter Janssen Gruppe.