Weitere Karlsruher Entscheidung über Handelspakt zwischen EU und Kanada naht

Justiz (über cozmo news)
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Der Streit über das Handelsabkommen der EU mit Kanada geht in die nächste Runde und diesmal ist es eine juristische: Am Dienstag veröffentlicht das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe nach mehr als fünf Jahren Bedenkzeit eine Entscheidung über gleich mehrere Klagen. Knapp 200.000 Bürgerinnen und Bürger, darunter Dutzende Linke-Abgeordnete, haben sich 2016 mit insgesamt vier Verfassungsbeschwerden an das Gericht gewandt, die Linksfraktion im Bundestag begann ein Organstreitverfahren. (Az. 2 BvE 3/16 u.a.)

Ceta soll den Handel zwischen der Europäischen Union und Kanada erleichtern, Hemmnisse abbauen und Regeln für den internationalen Handel festschreiben. Es regelt unter anderem den Wegfall fast sämtlicher Zölle. Kritik gibt es vor allem daran, dass Unternehmen vor einem neuen Gericht gegen Staaten klagen können sollen. Viele befürchten zudem, dass Wirtschaftsinteressen von Unternehmen höher bewertet werden könnten als deutsche Umwelt- oder Arbeitsschutzregelungen.

Ceta ist inzwischen vorläufig in Kraft getreten; darum geht es voraussichtlich nun in Karlsruhe. Die Antragsteller sehen mit der deutschen und europäischen Zustimmung ihre Grundrechte verletzt und finden, dass die EU hier ihre Kompetenzen überschritten hat. 2016 lehnten die Richterinnen und Richter ihre Eilanträge gegen das Abkommen ab und erlaubten die vorläufige Beteiligung Deutschlands – allerdings unter Auflagen.

Es durften nur diejenigen Teile vorläufig in Kraft treten, die in der Zuständigkeit der EU liegen. Beschlüsse des Lenkungsgremiums, des Ceta-Ausschusses, mussten zuvor vom Europäischen Rat einstimmig angenommen werden. Und die Bundesregierung musste sicherstellen, dass Deutschland aus dem Abkommen auch wieder austreten kann, wenn ein späteres Urteil aus Karlsruhe dazu zwingt. Besonders umstrittene Teile wie etwa das Sondergericht waren damit erst einmal ausgenommen.

Kurz nach der Eilentscheidung in Deutschland verabschiedete der Europäische Rat das Abkommen vorläufig, das EU-Parlament billigte Ceta im Februar 2017. Teile des Handelspakts traten vorläufig im September 2017 in Kraft.

Im März 2021 entschied das Bundesverfassungsgericht über eine weitere Klage der Linksfraktion: Diese sah die Rechte des Bundestags verletzt, da das Parlament statt eines Gesetzes nur eine Stellungnahme zu dem Abkommen beschlossen habe. Die Klage wurde aber abgewiesen.

Vollständig in Kraft treten kann Ceta erst, wenn alle EU-Mitglieder das Abkommen ratifiziert haben. Einige Länder haben das noch nicht getan; Deutschland wartet die Entscheidungen aus Karlsruhe ab.

Anlässlich des Besuchs des kanadischen Premierministers Justin Trudeau in Berlin am Mittwoch forderten aber zwei Mitglieder früherer Bundesregierungen, Ceta „endlich“ zu ratifizieren: Sowohl der frühere Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) als auch der frühere Umwelt-, Wirtschafts- und Außenminister Sigmar Gabriel (SPD), der Ceta bei der Verhandlung im Bundesverfassungsgericht 2016 verteidigt hatte, twitterten dazu dieses Wort. Die Unionsfraktion fordert die Ratifizierung in einem Antrag, über den am kommenden Freitag im Bundestag debattiert werden soll.

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