Die Bundesanwaltschaft hat einem Bericht zufolge bis zum 11. Dezember vergangenen Jahres deutlich mehr Verfahren wegen des Verdachts der geheimdienstlichen Agententätigkeit eingeleitet als im Vorjahr. Wie die Zeitung „Welt“ aus einer Regierungsantwort auf eine Linken-Anfrage berichtete, ermittelte die Behörde in 22 Fällen wegen der mutmaßlichen Spionage für eine fremde Macht. Im Jahr 2020 seien 14 Verfahren eingeleitet worden, berichtete die Zeitung am Dienstag.
Wie die kleine Anfrage der Linken-Abgeordneten Sevim Dagdelen demnach weiter ergab, entfielen in den vergangenen beiden Jahren zehn Verfahren auf mutmaßliche Agenten des türkischen Geheimdienstes MIT, 2020 waren es vier und 2021 sechs. Zwei der Verfahren aus dem Jahre 2020 wurden mittlerweile eingestellt, keines führte bisher zur Anklage, wie aus der Antwort der Bundesregierung dem Bericht zufolge weiter hervorgeht.
Dagdelen warf der Politik Untätigkeit vor. „Es ist augenscheinlich, dass die Bundesregierung offenbar weiterhin kein Interesse hat, das Erdogan-Netzwerk in Deutschland zu zerschlagen“, sagte die Linken-Politikerin der „Welt“ mit Blick auf den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.
Aus der Anfrage geht dem Bericht zufolge zudem hervor, dass mit Stand 15. Dezember weiterhin 54 deutsche Staatsangehörige in der Türkei inhaftiert sind; ein Jahr zuvor waren es noch 64.
Gegen alle Deutsche in türkischer Haft wurde nach Auskunft der Bundesregierung ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wie die „Welt“ weiter berichtete. 13 der derzeit inhaftierten deutschen Staatsangehörigen sitzen demnach wegen des Tatvorwurfs der Mitgliedschaft in einer illegalen Organisation und/oder dem Vorwurf der Verbreitung von Propaganda in der Türkei in Haft.
Dagdelen forderte: „Die anhaltende Verfolgung von Kritikern des Erdogan-Regimes wie auch die Freiheitsberaubung deutscher Staatsbürger in der Türkei aufgrund hanebüchener Terrorvorwürfe dürfen seitens der Ampel-Regierung nicht folgenlos bleiben.“ Wie im Fall Saudi-Arabiens verbiete sich auch bei der Türkei die Lieferung von Rüstungsgütern, sagte die Linken-Politikerin der „Welt“.